Für mehr Mitmenschlichkeit im Alltag

Tilly Timber auf Megaland

Geschichten rund um das Jugendrechtshaus

Rechtspädagogisches Kinder- und Jugendbuch

.

von Sigrun v. Hasseln

mit weiteren Beiträgen von

  • Heidi Christoffers
  • Iris Gramberg
  • Bernhard v. Hasseln
  • Gunnar Gad (Zeichnungen)

Paperback, 2. aktualisierte Auflage September 2011 BOD ISBN 9783842361973

168 S. 14,90 €

Oslo, Winnenden und Erfurt. Suizide von Kindern und Jugendlichen. Komasaufen, Nullbock, Extremismus. Was fehlt jungen Menschen, die so viel leiden und Leid verursachen?

Der 11 Jahre alte Tilly gehörte zu den Gefährdeten. Er wächst in beengten Verhältnissen einer Trabantenstadt auf, hängt mit seiner Gang am U-Bahnhof ab, überfällt Passanten. Er selbst erfährt Gewalt von seinem Vater und den Jugendlichen Indiana Joe und Ketten Jack.

Nach dem Aufenthalt auf Megaland, einem Utopia des Überflusses und der totalen Regellosigkeit, gelingt es ihm und seinen Freunden mit Hilfe des Jugendrechtshauses, auch in ihrer realen Umgebung einen Weg mit vielen Zukunftsperspektiven zu gehen.

Die Neuauflage 2011 wurde Dominik F. Brunner gewidmet. Er war Jurist, Manager und Vorstandsmitglied eines Ziegelherstellers in Niederbayern. Am 12. September 2009 wurde er von zwei Jugendlichen am Münchener S-Bahnhof Solln aus Rache ermordet, nachdem er zuvor vier Schüler vor diesen Jugendlichen schützen wollte. (Einzelheiten unter www.dominik-brunner-stiftung.de)  

.

Vorwort

Liebe Kids, liebe Eltern, Erzieher und Erzieherinnen, Lehrkräfte, Ausbilder und Ausbilderinnen,

alle, die schon zum Erscheinen der ersten Auflage dieses Buches beigetragen haben – also Schüler, Eltern, Jugendrechtshaus-Mitarbeiter, Polizeibeamte, Juristen, Psychologen, Zeichner und Lehrkräfte – waren vom Tilly-Timber-Projekt begeistert. Fast jeder kann sich darin selber wieder finden. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Schon bei der öffentlichen Vorstellung des Buches bei der Leipziger Buchmesse im März 1998 überlegten die Besucher, welche Projekte sich Tilly und seine Freunde als nächstes ausdenken werden. Denken Sie mit! Tilly ist inzwischen älter geworden. Wie sein Lebensweg wohl weiter gegangen ist?

Inzwischen war das Buch an vielen Schulen in Deutschland Grundlage zur Diskussion von Lebensfragen, Vorlage für Theateraufführungen und Programm für sinnvolle Kinder- und Freizeitgestaltung. Es konnten viele Schülerinnen und Schüler erreicht werden. Grundschüler, Hauptschüler, Sonderschüler, Gymnasiasten, selbst professionelle Schauspieler hatten Freude an dem Stück.

Tilly Timber macht Mut. Er zeigt Kindern und Jugendlichen, dass es für sie selbst dann eine Zukunft geben kann, wenn sie in einem sehr ungünstigen Milieu aufwachsen. Im Jugendrechtshaus ist jeder eingebunden, erhält jeder eine Chance, und es werden Perspektiven und Orientierung geboten, die am Herzen ausgerichtet sind. Auch wenn zwischendurch schlimme Dinge passieren, ist der Einzelne gefordert sich zu beweisen und Krisenfestigkeit zu lernen.

Es geht weiter und es gibt immer wieder einen Weg.
Wir müssen nur lernen, mit dem Herzen zu sehen.

Nur wenn Kinder und Jugendliche diese Botschaft verstehen und verinnerlichen, und wir sie dabei mit eigener Empathie unterstützen und ihnen Geborgenheit und Vertrauen schenken, werden wir einen entscheidenden Schritt im Kampf gegen Jugenddelinquenz weiter sein.
Eltern, Pädagogen und alle sonstigen Leser seien vorgewarnt! Das Buch ist über weite Strecken eine realistische Milieustudie, in der Kinder wie in einer Schulklasse aus verschiedenen Stadtteilen zusammen kommen und in der die oft sehr deutliche Sprache der Kinder gesprochen wird. Wer sich an Fäkalausdrücken stört möge bedenken, dass das Buch den Zweck verfolgt, auch Kinder und Jugendliche für das Recht zu interessieren, die es besonders „nötig haben“. Das sind häufig jene, die sonst überhaupt nicht lesen oder nicht zuhören, wenn in der Klasse eine Geschichte vorgelesen wird.

Für besorgte Eltern sei angemerkt, dass Kinder, die mit sich und ihrer Umwelt Frieden geschlossen haben, in der Regel ein ausgeprägtes Harmonie- und Schönheitsbedürfnis entwickeln und Fäkalausdrücke von sich aus plötzlich ablehnen, weil diese die von ihnen dann selbst gesuchte Harmonie stören!

Berlin und Cottbus, im September 2011
Sigrun v. Hasseln

Aus der Hauptgeschichte: Tilly auf Megaland

Der 11 Jahre alte Tilly wächst in einer kaum positive Perspektiven vermittelnden Trabantenstadt auf. Die häusliche Wohnung ist in jeder Beziehung eng. Auf dem Rasen darf man nicht spielen. Tilly wird hin und wieder von älteren Jugendlichen erpresst, an diese „Schutzgelder“ zu zahlen. Mit seiner Clique macht er vor lauter Langeweile und Frust die Umgebung um den U-Bahnhof unsicher; überfällt gar ältere Passanten. Seine Eltern haben eigene Sorgen. Sie und die Schule wirken wie eine unheilige Allianz gegen ihn, in der es nur Pflichten, Ermahnungen und Vorwürfe gibt. Wer soll das aushalten? Da träumt sich Tilly hinweg auf Megaland, ein Utopia des Überflusses und der totalen Regellosigkeit. Es gibt für ihn keine Pflichten mehr, sondern nur noch Rechte. Alle materiellen Güter gibt es in Überfluss; ein modernes Schlaraffenland mit Formel 1 Rennbahn, Multimedia satt und Bergen von Burger und Pommes.

Als er sich einsam fühlt, sind plötzlich seine Freunde da. Es hat auch weiterhin Niemand Pflichten, nur Rechte. Niemand muss sich waschen, zur Schule gehen, Rücksicht nehmen. Jeder kann solange Filme schauen, wie er will, essen, was und wie viel er möchte, rauchen, Musik hören, Rennwagen fahren. Es gibt keine materielle Not. 

Und doch: Es funktioniert nicht!. Nach wenigen Tagen streiten und prügeln sich die sieben Megalandbewohner wie zuvor zu Hause. Was tun? Das Buch zeigt viele Lösungswege auf. Tilly und seinen Freund gelingt es schließlich, auch in ihrer realen Umgebung einen Weg mit vielen Zukunftsperspektiven zu finden.

Infos zur ersten Auflage:

Paperback, Leipzig 1998. ISBN 3 - 931801-63-2 , 128 S.

Auch als sechsteiliges Hörspiel beim Kinderradio RadiJojo Berlin, 2005